Karst
Die «Schratteflue», das prägende Karstgebirge in der Biosphäre, ist Teil der streng geschützten Kernzone und eine der naturnahsten Karstlandschaften der Schweiz.
Die «Schratteflue», das prägende Karstgebirge in der Biosphäre, ist Teil der streng geschützten Kernzone und eine der naturnahsten Karstlandschaften der Schweiz.
Karst beschreibt eine Geländeform, welche überwiegend aus Kalkgestein besteht. Dieses wurde aus Sedimenten des früheren Urmeeres Tethys gebildet, welche sich auf dem Meeresgrund ablagerten und zu Kalkgestein zusammengepresst wurden. Aufgrund dieses Entstehungsprozesses findet man an der Schratteflue zahlreiche versteinerte Muscheln und andere Meerestiere. Die Schratteflue ist Typlokalität für den Schrattenkalk. Das bedeutet, dieses Gestein wurde hier das erste Mal wissenschaftlich beschrieben.
Das Erscheinungsbild einer Karstlandschaft, wie die Schratteflue eine ist, wurde und wird vom Wasser geschaffen. Einerseits vom Regen, welcher das Kalkgestein verwittern lässt und auch durch unterirdische Wasserströme, welche weitverzweigte Höhlensysteme formten. Die oberflächlichen, sogenannten Karrenfelder weisen einen eindrücklichen Formenreichtum auf, sie bestehen aus messerscharfen Rillenkarren (sogenannte Schratten), Dolinen (Löchern) und vielen mehr. Je nach Höhe ist die Karstlandschaft unterschiedlich bewachsen: in tieferen Lagen wechseln sich lichte Nadelwälder mit Mooren und Grasland ab, da hier das Kalkgestein mit Geschiebelehm und Flysch abgedichtet ist. Die Karrenfelder oberhalb präsentieren sich praktisch vegetationslos und sind Wind und Wetter ausgesetzt.
Seit 1959 erforschen verschiedene Höhlenforscher das weit verzweigte Höhlensystem in der Schratteflue. Bisher sind mehr als 250 Höhlen bekannt mit einer Gesamtlänge von 40 km. Gleich zu Beginn entdeckten sie die grösste Höhle, die Neuenburgerhöhle, welche 15 km lang ist. Die tiefste Höhle ist das sog. Alpenschneehuhnsystem mit einer Höhendifferenz von 478 m. Auch die Fliessrichtung des auf der Oberfläche versickernden Wassers blieb lange Zeit ein Geheimnis. Bei einem Wasserfärbeversuch im Jahr 1970 stellte man fest, dass das Wasser, welches in der Höhle P55 (in der Mitte der Schratteflue) eingefärbt wurde, nicht wie angenommen in die Grosse Emme oder die Waldemme gelangt, sondern eine unterirdische Strecke von 20 km zurücklegt, um schlussendlich nach 38 Stunden im Thunersee zu enden. Die Höhlenforscher machten weitere spannende Entdeckungen wie drei Braunbärenskelette, welche ein Alter von 4500 Jahren aufwiesen, sowie ein Elchgeweih. 1961 entdeckte ein Forscher in der Neuenburgerhöhle eine nur gerade 2 mm grosse Höhlenspinne. Später stellte sich heraus, dass er eine neue, voreiszeitliche Tierart entdeckt hatte, die es weltweit nur an der Schratteflue gibt: den Pseudoskorpion (Pseudoblothrus thiebaudi). Die Höhlen an der Schratteflue sind auch eine wichtige Überwinterungsstätte für Fledermäuse. Im Jahr 2022 wurde hier eine für den Kanton Luzern neue Feldermausart nachgewiesen: die Nymphenfledermaus.
Karst in der Biosphäre Entlebuch